
Sind LED gefährlich?

Die Meinungen waren geteilt, als die Energiesparlampe sich anschickte, den Markt zu erobern: Ein Kauf des neuen und teuren Leuchtmittels belastete das Portemonnaie sofort – aber die erhoffte niedrigere Stromrechnung ließ unter Umständen ein Jahr auf sich warten. Das schien Otto Normalverbraucher kein fairer Tausch, besonders als die gute alte (und billige) Glühbirne per Gesetz verboten wurde.
Als dann noch Berichte in den Medien auftauchten, Energiesparlampen seien gefährlich (sie enthalten Quecksilber), und sie dürften deshalb am Ende ihres Lebens nur wie Sondermüll entsorgt werden, schien klar: Wieder einmal hatte die Politik dem Bürger ein Kuckucksei ins Nest gelegt! Energiesparlampen sind im Verhältnis zu ihrem Nutzen zu teuer und obendrein giftig; sie schaden also der Umwelt.
Vor diesem Hintergrund nicht ganz unberechtigt war daher die Frage, ob auch mit den neuen LED-Leuchten ein zweischneidiges Produkt auf den Markt gelangt sei. Zwar bewiesen LED-Leuchten ihr Sparpotential – ihnen reicht 1/5 des herkömmlichen Energieverbrauchs –, aber die Frage nach dem Pferdefuß blieb: Steckt in LED-Leuchten vielleicht eine (noch unentdeckte) Gefahr? Sind LED-Leuchten vielleicht gefährlich?
Praktisch keine Gefahr
Diese Gefahr lässt sich weitgehend ausschließen, lautet das Ergebnis einer Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA). Auf dem 8. Symposium „Licht und Gesundheit“ der TU Berlin im März 2014 trug Professor Dr. Christoph Schierz die Ergebnisse vor; Schierz lehrt und forscht an der TU Ilmenau, an der Studie selbst war er nicht beteiligt.
LED gibt es seit immerhin mehr als 50 Jahren, und gerade in den letzten drei Jahren, also ab etwa 2012, erobern die LED immer neue Einsatzgebiete sowohl in den heimischen vier Wänden als auch in der Industrie. Die 4500-Seelen-Gemeinde Aldersbach im Landkreis Passau (Niederbayern) etwa spart jährlich 30.000 Euro, seit sie die Straßenbeleuchtung auf LED umgerüstet hat.
Thermisches Gefährdungspotential von LED
Glühbirnen, Halogen- und Energiesparlampen werden warm, manchmal sogar sehr heiß. Wer ihnen zu nahe kommt, kann sich verbrennen; die Wissenschaft spricht hier von „thermischer Gefährdung“ der Haut und Netzhaut (Retina).
Eine thermische Gefährdung durch LED hingegen ist faktisch unmöglich, auch wenn sie immer leistungsstärker werden. Da sie weder UV- noch Infrarotlicht ausstrahlen, entwickeln LED-Leuchten nur wenig Wärme. Dort, wo das Licht einer LED-Leuchte austritt, wird sie also nicht übermäßig warm. Allerdings kann ihre Elektronik warm bis heiß werden; deshalb wird sie mit Aluminium ummantelt, das die Wärme abführt.
Photochemisches Gefährdungspotential
Die Untersuchung der Bundesanstalt (BauA) musste eine europäische Richtlinie über künstliche optische Strahlung berücksichtigen; in ihr sind Mindestvorschriften festgelegt zum Schutz der Augen und Haut von Beschäftigten, und sie definiert die notwendigen Messverfahren in einer Norm.
Diese Norm unterteilt die Quellen von Licht in vier Risikogruppen:
- freie Gruppe (keine photobiologische Gefährdung)
- Gruppen 1—3 mit jeweils steigendem Gefährdungspotential
Die untersuchten LED-Leuchten erreichten maximal die Risikogruppe 2, das aber auch nur, wenn Grenzwerte überschritten wurden, ab denen die Netzhaut Schaden nehmen kann. Im Klartext: Nur wenn man aus zu kurzer Distanz in eine LED schaut und/oder zu lange, besteht eine Gefahr für die Netzhaut; „zu kurz“ bedeutet nach Auskunft der Wissenschaftler: ab etwa zehn Sekunden. Ein unabsichtlicher, zufälliger Blick ins LED-Licht schadet also nicht – hier muss man schon mit Absicht länger hinschauen. Im Unterschied zur thermischen Gefährdung durch Wärme und Hitze spricht man in diesem Fall von photochemischer Gefährdung für die Netzhaut.
Eine Ausnahme kann für bestimmte Arbeitsplätze gelten, beispielsweise in der Theater- und Bühnenbeleuchtung, bei Konzerten, bei der Installation von Beleuchtungsanlagen oder in der LED-Industrie selbst. Keinen Unterschied macht es übrigens, ob die LED-Leuchte in weißem oder blauem Licht strahlt.
Zusammenfassung der Ergebnisse der Untersuchungskommission
Rot- und Gelblicht emittierende LED stellen keine photobiologische Gefährdung dar.
Bei einem kurzen Blick in eine Weiß- oder Blaulicht emittierende LED werden die Expositionsgrenzwerte nicht überschritten.
Bei einem langzeitigen, absichtlichen Blick in eine Weiß- oder Blaulicht emittierende LED können die Expositionsgrenzwerte für die photochemische Netzhautgefährdung überschritten werden. Die kürzeste maximale Expositionsdauer tmax, die bei den experimentellen Untersuchungen ermittelt wurde, beträgt 10 s. Diese Zeit ist einerseits lang genug, um bei einem einmaligen Blick in solche LED eine Abwendungsreaktion hervorzurufen. Allerdings sind, da es sich hier um eine photochemische Gefährdung handelt, alle Einzelexpositionen über einen achtstündigen Arbeitstag hinweg zu berücksichtigen. Bei einem Beschäftigten in der LED-Produktion z. B. kann die Summe der Einzelexpositionen rasch diese Zeit übersteigen.
Weiß- und Blaulicht emittierende LED erreichen zurzeit maximal die Risikogruppe 2 der Lampensicherheitsnorm (Sicherheit auf Basis von Abwendungsreaktionen) aufgrund der Überschreitung des Emissionsgrenzwertes für die photochemische Netzhautgefährdung.
Von 23 Weißlicht emittierenden LED wurden vier in die Freie Gruppe, elf in die Risikogruppe 1 und acht in die Risikogruppe 2 eingestuft. Von sechs Blaulicht emittierenden LED wurde eine der Risikogruppe 1 und fünf der Risikogruppe 2 zugeordnet.
Keiner der Emissionsgrenzwerte für thermische Netzhautschädigung wird bei Weiß- und Blaulicht emittierenden LED überschritten. Bei LED sind derzeit die Leistungen nicht ausreichend, um eine thermische Netzhautschädigung hervorzurufen. Der höchste in diesen experimentellen Untersuchungen ermittelte Messwert für die effektive Strahldichte (LR)mess beträgt nur 4 % des entsprechenden Emissionsgrenzwertes.
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