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Zahl der Woche: 8 Jahre Halbwertszeit für Fettzellen

Zahl der Woche: 8 Jahre Halbwertszeit für Fettzellen

Eine Forschergruppe des Karolinska-Instituts in Stockholm hat Gewebe (Bioptate) von unterschiedlich alten Menschen untersucht. Drei Ergebnisse brachten die Untersuchungen:

  • Das endgültige Körpergewicht wird im Kindes- und Jugendalter bestimmt.
  • Bis etwa zum 20. Lebensjahr nimmt die Zahl der Fettzellen (Adipozyten) zu – danach bleibt sie konstant. Nicht einmal Operationen zur Behandlung des Übergewichts (Adipositaschirurgie oder auch bariatrische Chirurgie) ändern etwas an dieser Tatsache. (Die Zahl der Fettzellen ist gigantisch: Abhängig von seiner Leibesfülle, besitzt ein Erwachsener zwischen 40 und 120 Milliarden Fettzellen!)
  • Fettzellen zerfallen; ihre Halbwertszeit beträgt acht Jahre.

Reste des Kalten Kriegs in Fettzellen gespeichert

Die Forscher wollten das Alter der Fettzellen in den Bioptaten bestimmen. Dazu nutzten sie die Carbon-14-Methode, auch Radiokarbondatierung genannt.

Radioaktives 14C-Isotop kam mit den sogenannten Atombombentests der USA und der UdSSR in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in die Atmosphäre und wuchs auf das beinahe Doppelte der bisher bekannten Werte.

Über die Nahrungskette gelangte es in jeden Mensch und schließlich auch in die Fettzellen jener Erwachsenen, die den Kalten Krieg miterlebt hatten und nun von den Schweden untersucht wurden. Das verblüffende Ergebnis: In deren Fettgewebe wurde kaum noch 14C nachgewiesen.

Willard Libby, Erfinder der Radiokarbondatierung

Auf Fotos wirkt Willard Libby freundlich, ein Mensch, dem man seine Kinder anvertrauen würde. Tatsächlich aber gehört Libby zu jener Handvoll Menschen, die im Zentrum des Manhattan-Projekts beteiligt war, jenem Plan, der Amerika die Atombombe brachte.

Film über das Manhattan-Projekt

Heute erinnert sich kaum noch jemand an den 1908 geborenen und 1980 gestorbenen Libby – seine Entdeckungen und Erfindungen aber werden in der Wissenschaft tagaus, tagein genutzt: Libby baute den ersten Geigerzähler in den USA. Er erfand die Atomuhr – seit dem 6. Dezember 1946 ist eine Sekunde immer und überall auf der Welt gleichlang definiert!

Instabiles 14C-Isotop verrät das Alter organischer Stoffe

Bei der Atomuhr geht es unter anderem um den Zerfall radioaktiver Substanzen – ein Vorgang, der Libby auf die Spur brachte: Er bestimmte das Alter organischer Stoffe an Hand der Zerfallsprozesse. Das wurde belohnt. Für seine Forschung zur Radiokarbondatierung erhielt Libby 1960 den Nobelpreis für Chemie!

Die Radiokarbondatierung beruht auf der Erkenntnis, dass Kohlenstoff mehrere instabile Isotope aufweist. Instabil, das bedeutet: Die Isotope zerfallen. Das bekannteste instabile Kohlenstoff-Isotop ist das 14C-Isotop mit einer Halbwertszeit von 5730 Jahren: Nach 5730 Jahren ist von einer bestimmten Menge des instabilen Kohlenstoff-Isotops nur noch die Hälfte vorhanden.

Lebende Organismen nehmen dieses Isotop ständig auf. Mit der Nahrung, dem Atmen, der Assimilation kommt das Isotop in den jeweiligen Körper. Erst mit dem Tod des organischen Materials, beispielsweise, nachdem ein Baum gefällt wird, endet dieser Prozess, und der Zerfall beginnt. Vergleicht man nun das Verhältnis stabiler und instabiler Isotope zueinander, kann man auf das Alter des organischen Materials schließen.

Halbwertszeit von Fettzellen lässt sich aus Atombombentests ableiten

Diese Methode hat einen Haken: Die Konzentration des Isotops in der Atmosphäre ist nicht konstant. Sie hängt von der Stärke der kosmischen Strahlung ab und von Änderungen im Kohlenstoffkreislauf.

Die kosmische Strahlung wird wesentlich durch die Sonnenaktivität bestimmt; der Kohlenstoffkreislauf hingegen unterliegt den klimatischen Schwankungen. Vulkanausbrüche, Eiszeiten, die Verbrennung fossiler Stoffe durch den Mensch – das alles beeinflusst die Konzentration.

Vulkanasche und das Kohlendioxid aus industriellen Prozessen enthalten nur wenig instabiles 14C-Isotop. Der Grund: Öl und Kohle sind über Jahrmillionen aus organischem Material entstanden, das seine „Vorräte“ an 14C-Isotop nicht mehr auffrischen konnte. Der hohe Verbrauch an Öl und anderen fossilen Brennstoffen senkt also den Anteil von 14C-Isotopen in der Atmosphäre. Dieses Phänomen heißt nach seinem Entdecker Suess-Effekt.

Mit den massiven Atombombentests ab Mitte des 20. Jahrhunderts stieg die Konzentration an 14C-Gehalt in der Atmosphäre auf nahezu die doppelte Menge. Dieser charakteristische Anstieg half den Forschern des Karolinska-Instituts bei der Altersbestimmung der Fettzellen und führte zur Erkenntnis:

Fettzellen haben eine Halbwertszeit von acht Jahren!

Quelle: Deutsches Ärzteblatt; Karolinska-Institut Stockholm; Abstract der Forschungsergebnisse;

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